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„Sie werden schweben!“

Interview mit Thomas Mack, Gastronomie-Neuerfinder und Gastgeber im Europa-Park in Rust.

Freizeitpark: Da denken einige immer noch an Currywurst und Pommes. Dabei widerlegt Deutschlands größter Freizeitpark im badischen Rust dieses Vorurteil seit Jahren. Mehr noch: Das 2021 zum siebten Mal in Folge mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Ammolite – The Lighthouse Restaurant steht keinesfalls einsam an der Spitze der Freizeitpark-Gastronomie. Es  mag das bislang einzige Sternerestaurant in einem Freizeitpark sein. Aber den rund einhundert ländertypischen Restaurants, Snackbetrieben und Cafés in der Park- und Hotelgastronomie ist dieser Erfolg ein mächtiger Ansporn. Und so ist die Gastronomieleistung im Europa-Park ein starker Erfolgspfeiler, auch perspektivisch. Jährlich besuchen 5,7 Millionen Gäste den Europa-Park in Rust. Was kaum einer weiß: Viele davon kommen wegen des vielseitigen Länderküchen-Erlebnisses und wirklich uniquer kulinarischer Leistungen in den Park und die sechs Erlebnishotels, und aufgrund der Qualität immer wieder. Die Wiederholerquote liegt eigenen Erhebungen zufolge bei 85 Prozent. Das muss man erst mal nachmachen.

Im Jahr 2022 wird der Europa-Park als kulinarischer Innovator richtig auftrumpfen. Dafür steht Thomas Mack, als geschäftsführender Gesellschafter verantwortlich für die Gastronomie. Eatrenalin ist das Stichwort, das ihn und den Gastronomieexperten Oliver Altherr gemeinsam mit deren Teams seit vielen Jahren beschäftigt und jetzt, kurz vor der Eröffnung, geradezu elektrisiert. 
Eatrenalin? Es verspricht nicht weniger als Gastronomie neu zu erfinden und Gäste emotional zu berühren. Das Konzept Eatrenalin als „neue Dimension von Erlebnis und Kulinarik für alle Sinne“ soll weltweit Schlagzeilen machen, eine internationale, kulinarisch fokussierte Klientel ins badische Rust locken und bald auch in Metropolen weltweit. Das freut nicht nur die Europa-Park-Gastgeberfamilie Mack. Darüber kann sich jeder Gastgeber, jede Gastgeberin freuen: Gastronomie zum Staunen macht Lust auf neue kulinarische Eindrücke, schürt Ehrgeiz, dient dem Berufsfeld als Bühne und sorgt für Gesprächsstoff.

Gastivo Magazin: Lieber Thomas Mack, für Ihre Gastronomie hat der Europa-Park schon etliche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten. Nun steht Ihr nächster Gastro-Coup an: das futuristische Gastronomie-Event-Konzept Eatrenalin. Was dürfen wir erwarten?

Thomas Mack: Unsere Gäste werden kulinarische Themenwelten bereisen. Mittels eines weltweit patentierten Fahrsystems schweben sie von Raum zu Raum. Für das kulinarische Angebot ist Peter Hagen-Wiest, auch Küchenchef des Zwei-Sterne-Restaurants Ammolite, mit seinem Team verantwortlich. Eatrenalin kombiniert ein Menü, zusätzlich Überraschungsräume, auch solche, die es auf dieser Welt gar nicht gibt, visuelle Eindrücke, Düfte – es wird eine Reise durch fantastische Welten.

Wie entstand dieses Konzept?

Mit meinem Freund Oliver Altherr, CEO von Marché International, diskutierte ich vor Jahren die Vision eines Restaurants der Zukunft. Im Europa-Park, im Voletarium, in dem man über europäische Welten fliegt, entstand der Gedanke, Gäste zu verzaubern, indem man sie auf eine kulinarische Reise schickt. Oliver Altherr mit seiner Expertise und Kompetenz zum Thema Franchise ist der beste Partner, um solch ein Thema weltweit zu etablieren ...

... und das Familienunternehmen Mack mit seinem Ursprung im Bereich Fahrgeschäfte und der kulinarischen Kompetenz bringt das Konzept buchstäblich auf die Schiene?

Ich will nicht zu viel verraten, aber Sie werden nicht auf einer Schiene fahren! In unserem Produktionsbetrieb in Waldkirch sind die Prototypen des fahrbaren Untersatzes fertig. Es wird ein Schweben sein, und das ist wirklich faszinierend. Eines ist aber klar: Eatrenalin wird ein Restaurant. Wir wollen, dass die Gäste wegen des Essens kommen. Der Sessel ist nur Mittel zum Zweck, die unterschiedlichen Themenwelten zu bereisen, in denen wir unter anderem Food-Trends der Zukunft spielen.

Das heißt, Sie werden auf drei Jahre im Voraus ausgebucht sein?

Das wäre schön! Wir glauben schon, dass das ein großer Erfolg wird. Unser Anspruch ist, dass wir eine Qualität liefern, die sich herumspricht. Wir müssen jetzt aber zunächst die Hausaufgaben machen und dieses Projekt ordentlich an den Start bringen. Wenn im Europa-Park alles auf Herz und Nieren geprüft wurde, dann erst erfolgt der Rollout in die Welt. Wir eröffnen, wenn alles perfekt funktioniert, denn wir wollen Magie, einen Wow!-Effekt. Da haben wir nur eine Chance. 

Revolutionieren Sie hier eigentlich gerade Ihren Produktionsbetrieb?

Ja! Und das freut mich besonders! Im 18. Jahrhundert haben wir Kutschen gebaut, dann Wohnwagen für Schausteller und Zirkusleute, dann 1921 die erste Achterbahn aus Holz und in der Folge mobile Attraktionen. Und nun dieser Schwenk in die Gastronomie. Das ist für uns alle eine tolle Herausforderung, ein ganz neuer Geschäftszweig. 

Wieviel Thomas Mack steckt in der Gastronomieleistung des Europa-Parks? Man sagt, Sie seien ein kulinarischer Weltbürger, fest verwurzelt auf dem badischen Vesperbrettle ...

Hier möchte ich auf die Leistung meiner Mutter verweisen, die meine Schwester Ann-Kathrin, meinen Bruder Michael und mich kulinarisch wirklich gut und gesund erzogen hat. Wir sind mit Tieren, Hühnern, Enten, Schweinen aufgewachsen, noch heute schlachten wir einmal im Jahr und aufgrund der Nähe zu Frankreich und zum Elsass, sind wir hier von toller Kulinarik umgeben. Das hat mich geprägt, das versuche ich weiterzugeben und ja, es steckt schon viel Thomas Mack in unserer Gastronomie. Am Ende ist es aber eine Teamleistung, die von vielen guten Ideen gespeist wird. Im Europa-Park kann man überall sehr authentisch und gut essen. Auch unsere Klassiker binden viele Stammkunden, insbesondere in den Hotel-Restaurants, zum Beispiel samstags im Bell Rock bei Beef Wellington!

Welches Ihrer Restaurants entspricht Ihnen am meisten?

Ich bin jemand, der gern immer wieder etwas Neues ausprobiert, schätze aber ein Bauernbrot mit Salzbutter genauso wie Sterne-Küche. Ich finde, man braucht Abwechslung.

Was gefällt Ihnen an Hotel-Restaurants?

Unsere Hotels sind alle thematisiert, wir verfolgen einen 360-Grad-Ansatz: Wenn Sie beispielsweise auf der Piazza unseres 4-Sterne Superior Hotels Colosseo die Expertise unserer Sommeliers in Anspruch nehmen, dann hört sich das an, fühlt sich das an und der Wein schmeckt, als seien Sie in Italien. Der Europa-Park ist übrigens der einzige Freizeitpark, der mehrere Wein-Sommeliers beschäftigt, darunter einen der besten in Deutschland.

Von „Ihrem“ Italien in die Schweiz oder nach Skandinavien ist es nur ein Katzensprung. Die Illusion ist überall perfekt, was auch an Ihrer Liebe zum Detail liegen soll.
Gibt es in Ihrer Erfolgsstory auch Dinge, die ungeplant gut oder schlecht gelaufen sind?

Wir als junge Generation dürfen ausprobieren. Wir denken als Familienunternehmen in Generationen und nicht in Quartalsberichten. Wenn wir von einer Idee überzeugt sind, bleiben wir dran. Über der Winteröffnung des Parks standen zum Beispiel viele Fragezeichen. Mittlerweile ist der Winter die zweitstärkste Jahreszeit nach dem Sommer und die Winteröffnung hat sich als Glücksfall erwiesen. Diese wunderschöne Saison verlängert unser Veranstaltungsgeschäft. Wir haben mittlerweile einen großen Veranstaltungsbereich mit anspruchsvollen Shows und Tagungen – auch ein komplett neues Geschäftsfeld. Das ist sozusagen aus der Not geboren, weil wir die Hotels in der Nebensaison auslasten wollten. Heute ist unser Confertainment „State of the Art“. Ein weiteres Beispiel ist unser 2-Sterne-Restaurant Ammolite, denn auch das war anfangs wirtschaftlich gesehen kein großer Erfolg.

Ammolite – ein Sternelokal im Freizeitpark. Das muss man sich auch erst mal trauen!

Ja! Das ist weltweit einzigartig. Und es war für uns die größte und schönste Überraschung, als dem Team 2013, nach nur einem Jahr, der erste Michelin-Stern und 16 Gault&Millau Punkte verliehen wurden. 2014 kam schon der zweite Stern. Jetzt stehen wir bei zwei Michelin-Sternen und 18 Gault&Millau Punkten. Ich habe immer an das Ammolite geglaubt, aber trotzdem war ich überrascht, wie schnell der Erfolg kam. 

Ich habe lange in Paris gearbeitet und wollte ein besonderes Restaurant und irgendwann auch einmal einen Stern haben. Aber das war so weit weg für einen Freizeitpark. Deshalb haben wir Ammolite auch zunächst losgelöst vom Europa-Park geplant, mit eigener Homepage und eigener Vermarktung. Ich musste für zwei Ruhetage pro Woche kämpfen und mich gegen meinen Vater behaupten, da er im Park alles an sieben Tagen die Woche geöffnet sehen wollte. Aber wenn man die Qualität erhalten will, braucht man eine Mannschaft um einen Küchenchef, die immer da ist. Unseren Küchenchef Peter Hagen-Wiest, der auch das Eatrenalin betreut, haben wir von Anfang an mit in die Planung einbezogen. Heute ist das Ammolite eine Attraktion, die im Europa-Park die gesamte Gastronomie anspornt. Die anderen Küchenchefs fühlen sich herausgefordert, das hat die Gesamtqualität stark nach oben gebracht. 

Die Gastronomie im Europa-Park ist eine Attraktion für sich. Wird das Etikett Freitzeitpark Ihrem Angebot überhaupt gerecht?

Wir sind mehr als ein Freizeitpark, eher eine Art Erlebnis-Resort. Wir wollen auch kulinarisch ein Ziel sein, wo sich Gäste weiterbilden können und über das Essen Europa kennenlernen. Wir versuchen, da sehr authentisch zu sein, mit einem Riesen-Aufwand. Viele Menschen sagen, „nee, Freizeitpark, das ist nichts für mich, das ist doch nur was für Familien mit Kindern!“. Und dann werden Sie im Rahmen einer Veranstaltung oder weil sie ins Ammolite gehen, oder auch zukünftig ins Eatrenalin, zu unseren Gästen. Das öffnet ihnen dann die Augen und ich bin immer wieder fasziniert, wie wir Freizeitpark-Gegner bekehren können. 
Trotzdem: Vielen ist noch überhaupt nicht klar, was für ein Rad wir hier drehen, welche kulinarische Kompetenz Sie auf dem Teller vorfinden, was unsere Mitarbeiter hier leisten. Vom Raclette in der Schweiz bis zur Paella in Spanien. Da müssen wir uns wirklich nicht verstecken!

Sie sind auch verantwortlich für das Confertainment. Werden Sie den Bereich im Zeitalter von Zoom und Teams zurückbauen, vielleicht zugunsten von noch mehr Gastronomie?

Nein. Wir spüren in unserem Veranstaltungsgeschäft, dass sich Menschen nach realen Treffen sehnen. Wir haben eine sehr gute Buchungslage und ein besonderes Angebot: Bei uns kann man ganz klassisch und perfekt tagen – und in der Mittagspause fördert eine Achterbahnfahrt den Teamspirit! Oder auch nicht, wenn der Chef sich das nicht traut. Ich nenne das Erlebnistagung. 

Musik spielt in Ihren Themenwelten auch eine große Rolle. Spielen Sie selbst ein Instrument?

Ich spiele seit Kindesbeinen Klavier. 

Auch im Park?

Es kann schon vorkommen, dass ich bei einer Küchenparty am Klavier sitze. Musik ist meine große Leidenschaft, das spürt man auch im Park. Wir legen großen Wert auf gute Musik, auf perfekte Geräuschkulissen. Wir haben einen eigenen Musikverlag, der die Musik für den Park produziert. Von Popsongs über klassische orchestrale Musik bis zu unseren Musicals. Musik ist für den Park so wichtig wie Beleuchtung und Temperatur. Alles gehört zusammen.

Am Ende sagt der Gast, „Mensch, das war ein schöner Abend!“. Warum war der Abend schön? Klar, gutes Essen, eine nette Begleitung, die Musik passte, es war nicht zu kalt, das Licht nicht zu hell. 
Ich glaube, wir sind als Familie richtig gut darin, ein Ambiente zu schaffen, in dem sich unsere Gäste rundum wohl fühlen. Der Park ist ja so etwas wie unser Wohnzimmer. Wir leben in unserem Park und streben permanent danach, alles schön zu machen. Auch ich bin jeden Tag mit offenen Augen im Park unterwegs. Oft lege ich Meetings in die entlegensten Tagungsräume, damit ich gezwungen bin, durch den Park zu laufen. Man sieht immer etwas.

Was empfehlen Sie einem Gastronomie-Gründer, der sich bei Ihnen Inspiration holen will?

Bei uns kann man von der Systemgastronomie bis zur Sterne-Gastronomie viel lernen. Wir spielen jede Taste auf dem Klavier. Am besten, man sucht ein Lokal aus, das den eigenen Vorstellungen entspricht und schaut sich einen Tag lang die Abläufe an. Wir lassen auch gerne hinter die Kulissen blicken. Wir haben Beispiele für jede Art Gastronomie und tauschen uns gern mit den Kolleginnen und Kollegen aus.

War es eigentlich schon immer klar, dass Sie ins Familiengeschäft einsteigen?

Ja schon. Unsere Eltern haben uns drei Geschwister gut vorbereitet. Wir haben jede freie Minute im Unternehmen verbracht, schon als Schüler mit Ferienjobs. Unsere Eltern haben uns immer ermutigt mitzumachen. Wir sind im Park großgeworden, in einem alten Schloss mitten im Park. Ich meine, es gibt ja auch wirklich Schlimmeres, als in eine Freizeit-Park-Familie hineingeboren zu werden!

Lieber Thomas Mack, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Das Interview führte Ann-Christin Zilling.

Das gesamte Interview zum Download.